Sysmex Suisse
Menu

Scientific Kalender Februar 2021

Heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II bei Krebspatienten

Welche Begleitbefunde erschweren die Diagnose einer HIT-II anhand des 4T-Scores bei Patienten mit aktiver Krebserkrankung?

Thrombozytopenie kommt bei Krebspatienten häufig vor, entweder infolge der Krebserkrankung an sich oder der Therapie.

Ein Abfall der Thrombozytenzahl kann durch Chemotherapie verursacht sein. Daher muss der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abfall der Thrombozytenzahl und der Heparingabe und Chemotherapie berücksichtigt werden.

Thrombosen treten bei Krebspatienten selbst unter Antikoagulationstherapie auf.

Congratulations!

That's the correct answer!

Sorry! That´s not completely correct!

Please try again

Sorry! That's not the correct answer!

Please try again

Notice

Please select at least one answer

Wissenschaftliche Hintergrundinformationen

Die heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) ist eine Nebenwirkung der Behandlung mit unfraktioniertem oder niedermolekularem Heparin (UFH bzw. NMH) und kann thrombotische Ereignisse auslösen [1, 2]. Ursache ist die Bildung von Antikörpern, die sich gegen einen Komplex aus Heparin und Thrombozytenfaktor 4 (PF4) richten. Die Entstehung des Heparin-PF4-Immunkomplexes führt zur Aktivierung von Thrombozyten, Monozyten und Endothelzellen, woraufhin es zur Ausschüttung von gerinnungsfördernden Proteinen und Gewebefaktor kommt [3]. Immunreaktionen gegen den Heparin-PF4-Komplex sind bei mit Heparin behandelten Patienten nicht ungewöhnlich, klinisch bedeutsame Komplikationen sind jedoch vergleichsweise selten; die Inzidenz bei UFH-exponierten Patienten beträgt bis zu 5 % [1, 4]. HIT-II könnte bei Krebspatienten häufiger sein als bei Patienten ohne Krebserkrankung [5].

Die HIT ist ein Zustand der Hypergerinnung, der schwere arterielle und venöse thromboembolische Komplikationen verursachen kann, die wiederum mit einer signifikanten Morbidität und einer Mortalität von bis zu 30 % in Verbindung stehen [2.]

Die gängigsten Methoden zur Erkennung eines HIT-Risikos im klinischen Bereich sind das Scoringsystem „4T“ und das Vorhersagemodell „HIT Expert Probability“ (HEP) [6, 7]. In den 4T-Score fließen vier klinische Faktoren ein:

  1. Thrombozytopenie
  2. Zeitpunkt der Thrombozytopenie relativ zur Heparinexposition
  3. Thrombosemanifestation
  4. Vorliegen anderer Faktoren, die Thrombozytopenie verursachen

Leider wurden die speziellen Umstände bei Krebspatienten weder im 4T-Scoringsystem noch im HEP-Vorhersagemodell zur Beurteilung des HIT-Risikos berücksichtigt. Dies kann die Beurteilung anhand der beiden Methoden erschweren.

Thrombozytopenie ist ein häufiger Befund bei Krebspatienten, der im Zusammenhang mit Knochenmarkinfiltration, Myelosuppression durch Chemo- oder Strahlentherapie und Verbrauchsprozessen steht [8]. Doch auch Infektionen und nicht-chemotherapeutische Medikamente können bei Krebspatienten eine Thrombozytopenie auslösen. Die disseminierte intravasale Gerinnung (Verbrauchskoagulopathie, DIC) ist eine weitere Thrombozytopenie-Ursache mit starkem Zusammenhang mit malignen Erkrankungen und ähnelt häufig sehr einer HIT [9]. Der Zeitpunkt, zu dem die Thrombozytenzahl zu sinken beginnt, muss zu Beginn und Dauer sowohl der Heparinbehandlung als auch der Chemotherapie in Bezug gesetzt werden, da Thrombozytopenie bei den Patienten unter dieser Therapie vorherrscht.

Thrombosen sind ebenfalls bei Krebspatienten nicht selten und sind eine Folge entweder der Therapie oder der Erkrankung selbst. Selbst unter Antikoagulationstherapie treten rezidivierende venöse Thromboembolien (VTE) bei Krebspatienten häufig auf und sind höchstwahrscheinlich auf den Zustand der stark erhöhten Gerinnungsneigung infolge des Malignoms zurückzuführen. Deshalb ist es wichtig, während der therapeutischen Gabe von Heparin (UFH oder NMH) im Blick zu behalten, ob rezidivierende VTE eine Untergruppe von Krebspatienten betreffen und es sich nicht um ein Therapieversagen, sondern um eine HIT handelt [10].

Einige Studien und Publikationen schlagen vor, einen angepassten 4T-Score mit speziellen Cutoff-Werten für Krebspatienten zu nutzen. Der verfeinerte Score spiegelt die klinischen Besonderheiten dieser Patientengruppe wider und gestattet im Idealfall eine gezieltere Testung und Behandlung als der herkömmliche 4T-Score [11, 12].

Literatur

[1] Hasan M et al. A high-value cost conscious approach to minimize heparin induced thrombocytopenia antibody (hitab) testing using the 4T score. J Thromb Thrombolysis. 2016; 42: 441–6.

[2] Salter BS et al. Heparin-induced thrombocytopenia: a comprehensive clinical review. J Am Coll Cardiol. 2016; 67: 2519–32.

[3] Rauova L et al. Role of platelet surface PF4 antigenic complexes in heparin-induced thrombocytopenia pathogenesis: diagnostic and therapeutic implications. Blood. 2006; 107: 2346–53.

[4] Warkentin TE, Heddle NM. Laboratory diagnosis of immune heparin-induced thrombocytopenia. Curr Hematol Rep. 2003; 2: 148–57.

[5] Prandoni P, Falanga A, Piccioli A. Cancer, thrombosis and heparin-induced thrombocytopenia. Thromb Res. 2007; 120: 137–40.

[6] Lo GK et al. Evaluation of pretest clinical score (4 T’s) for the diagnosis of heparin-induced thrombocytopenia in two clinical settings. J Thrombosis and Haemostasis. 2006; 4: 759–65.

[7] Cuker A et al. The HIT Expert Probability (HEP) Score: a novel pre-test probability model for heparin-induced thrombocytopenia based on broad expert opinion. J Thromb Haemost. 2010; 8: 2642–50.

[8] Perry MC. The Chemotherapy Sourcebook. 4th edition; 2008. Lippincott Williams & Wilkins; Philadelphia, USA.

[9] Levi M. Therapeutic options in patients with DIC and cancer. Pathophysiol Haemost Thromb. 2003; 33: 46–7.

[10] Miriovsky BJ, Thomas LO. Heparin-Induced Thrombocytopenia in Cancer. J Natl Compr Canc Netw. 2011 Jul 1; 9(7): 781–7.

[11] Fenelus M, Peerschke EIB. Testing for Heparin-Induced Thrombocytopenia in Cancer Patients. Am J Clin Pathol. August 2018; 150: 116–20.

[12] Wong M et al. Performance of 4T score and heparin-platelet factor 4 antibody in the diagnosis of heparin-induced thrombocytopenia (HIT) in cancer. J Thromb Thrombolysis. 2017; 44: 261–6.

Copyright © Sysmex Europe SE. All rights reserved.