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Genaues Monitoring der Therapie bei Hämophilie

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2024

Die vorbeugende Behandlung von Hämophilie existiert seit über 60 Jahren. Seitdem ist viel passiert und in den vergangenen Jahren hat die Entwicklung von Präparaten für die Therapie von Hämophilie eine Eigendynamik entwickelt.

Was ist beim Monitoring zu beachten?

Was ist beim Monitoring zu beachten?

Verfügbare therapeutische Optionen beruhen heutzutage auf neuen rekombinanten Produkten mit einer verlängerten Halbwertszeit (extended half-life, EHL; basierend auf der Modifikation des entsprechenden Gerinnungsfaktors), einer Modifikation des Gerinnungsfaktors durch die Fusion der Fc-Region des IgG1-Immunglobulins oder von Albumin oder das Hinzufügen von Polyethylenglykol (PEG) in unterschiedlichen Molekulargewichten. Zudem gewinnen Therapiestrategien, die keine Faktorersatztherapie darstellen, zunehmend an Bedeutung. Zum Beispiel ist Emicizumab ein humanisierter monoklonaler bispezifischer Antikörper für die Behandlung von Hämophilie A (HA). Die eine Hälfte des Antikörpers bindet an den aktivierten Gerinnungsfaktor IX (FIXa) und die andere Hälfte an den Gerinnungsfaktor X (FX). Somit ahmt der Antikörper die Funktion des aktivierten Faktors VIII (FVIIIa) nach, der bei HA-Patienten fehlt oder kaum vorhanden ist.

Die Gentherapie

Eine weitere Option zur Behandlung von Hämophilie-Patienten ist die Gentherapie. Hierbei wird eine vollständige funktionelle Kopie des Gerinnungsfaktor-Gens, das bei Hämophilie defekt ist, mittels genetisch modifizierter Viren (für gewöhnlich Adeno-assoziierte Viren [AAV]) in den Körper des Patienten eingeschleust. Das Einschleusen des Gens in Endothelzellen und Sinusoid-Zellen der Leber wird durch einen speziellen Promoter gesteuert. Im Idealfall kann der Körper des Patienten selbstständig ausreichende Mengen an Gerinnungsfaktor herstellen.

Im Hinblick auf das Vermeiden von unerwünschten Blutungen und Langzeitfolgeschäden ist für Hämophilie-Pa­tienten ein zuverlässiges und genaues Monitoring der Behandlung sehr wichtig.

Das Monitoring

Für die Bestimmung von FVIII- und FIX-Spiegeln gibt es einstufige und zweistufige Gerinnungstests sowie chro­mogene Tests (chromogenic assays, CSA). Es ist weithin bekannt, dass es Unterschiede bei den Ergebnissen der verschiedenen Tests für hereditäre Hämophilie, und hier insbesondere bei den leichten Formen, gibt. Das gleiche gilt für die Ergebnisse des Monitorings einer Therapie mit humanen Faktor-Konzentraten und vollständigen rekom­binanten Produkten, obgleich einstufige Gerinnungstests und chromogene Tests grundsätzlich ein genaues Moni­toring der Therapie erlauben. Mit der Entwicklung neuer rekombinanter EHL-Gerinnungsfaktoren und den soge­nannten Nicht-Faktor-Ersatztherapien ergeben sich für das Labor neue Herausforderungen, da es für das Monitoring der Therapie einen Test nutzen sollte, der Ergebnisse basierend auf der Kennzeichnung des Produkts nahe an den berechneten Behandlungswerten liefert.

Unterschiede bei den Ergebnissen verschiedener einstufiger APTT-basierter Faktor Tests (one-step APTT-based factor, OSA) werden mehreren Faktoren zugeschrieben. Ein Aspekt hierbei ist die Wahl des APTT-Reagenzes zur Ermittlung der Faktoraktivität. APTT-Reagenzien unterscheiden sich hinsichtlich der verwendeten Phos­pholipide (pflanzlichen oder tierischen Ursprungs oder rekombinant) und deren Konzentration sowie der Wahl des Aktivators. Darüber hinaus hat die Wahl des Plasmas ohne Faktor (z. B. die Konzentration des von-Willebrand-Faktors [VWF] in Plasma ohne Faktor VIII oder nur mit Restaktivität) ebenso einen kritischen Einfluss auf die Bestimmung der Faktor-Konzentration bei Hämophilie-Patienten. Andere Faktoren, die die Qualität des Monitorings der Hämophilie-Therapie beeinflussen können, sind die Wahl des Kalibrators (in einigen Fällen werden testspezifische Kalibratoren empfohlen), das Analysegerät und die Testprotokolle (Analysen mit nur 1 Verdünnung oder Analysen mit mehreren Verdünnungen und Linearität des Tests).

Wie oben erwähnt, gibt es Diskrepanzen bei der Ermittlung der Faktoraktivität zwischen OSA- und CSA-Tests, wenn diese für Patienten mit einer leichten Form der Hämophilie verwendet werden. Im Allgemeinen sind die mit OSA-Tests erhaltenen Ergebnisse höher als die mit CSA-Tests. Dies gilt insbesondere für Patienten mit einer leichten Form der Hämophilie. Allerdings kann auch das Gegenteil zutreffen: Das Ergebnis eines chromogenen Tests entspricht einer leichten Hämophilie, aber das klinische Bild sagt etwas anderes.

Welches Medikament?

Ein weiterer Faktor beim Monitoring der Hämophilie-Therapie, der nicht unberücksichtigt bleiben sollte, ist das Medikament selbst. Für einige EHL-Medikamente werden OSA-Tests nicht empfohlen, da sie die Faktoraktivität unterschätzen. Für einige andere Medikamente gilt diese Einschränkung nur für den für das APTT-Reagenz verwen­deten Aktivator. Zum Beispiel sollten für die Feststellung der infundierten FVIII-Konzentration von Esperoct (N8 GP) die meisten Siliciumdioxid-basierten APTT-Reagenzien nicht verwendet werden, weil die FVIII-Konzentration bei Verwendung dieses Reagenzes unterschätzt wird. Dies ist nicht der Fall für andere nicht-Siliciumdioxid-basierte APTT-Reagenzien. Allerdings ist anzumerken, dass individuelle Leitlinien ebenfalls einige nicht-Siliciumdioxid-basierte APTT-Reagenzien von dem Monitoring der Therapie mit Esperoct ausschließen. Für andere rekombinante Produkte ist die Wahl der Testmethode nicht wichtig, da sie korrekt sowohl mit OSA- als auch CSA-Tests gemessen werden können.

Angesichts der großen Anzahl an verschiedenen Therapieansätzen ist es für das Labor wichtig, zu wissen, welches Medikament der Hämophilie-Patient erhält, um danach die geeignetste Messmethode für das Monitoring der Therapie auszuwählen. Scannen Sie den QR-Code für eine Übersicht über die Testsysteme, die gemäß den Anweisungen des Herstellers als auch nach Meinung von Experten für das Monitoring der verschiedenen Thera­pieoptionen bei Hämophilie verwendet werden sollten.

Die verschiedenen Testsysteme

Übersicht über die Empfehlungen beim Monitoring der Therapieoptionen

Wird von einigen Leitlinien nicht empfohlen.                 
Es wird die Verwendung eines produktspezifischen Kalibrators empfohlen.   
Hier weichen die Ergebnisse von Studien voneinander ab. Die Leitlinie empfiehlt die Verwendung chromogener Tests. Ergebnisse müssen mit Vorsicht interpretiert oder bei Verwendung von einstufigen APTT-basierten Faktor-Tests mit den Ergebnissen chromogener Tests verglichen werden.                                                            
Verwendung eines modifizierten Test-Protokolls mit höherer Verdünnung der Proben und einem für Emicizumab spezifischen Kalibrator.
? Nicht speziell unterstützt oder ausgeschlossen

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