„Mit der digitalen Mikroskopie wird unsere Arbeit flexibler“
XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2020
Digitalisierte Schnittpräparate, eine Auswertung am Bildschirm auch im Homeoffice, Algorithmen und künstliche Intelligenz – moderne Technologien werden die Arbeit für Pathologen erleichtern, sagt Dr. Lukas Heukamp. Im Interview spricht der Leiter der Molekularpathologie am Institut für Hämatopathologie in Hamburg über aktuelle Entwicklungen und Zukunftspläne seines Instituts
Interview mit Dr. Lukas Heukamp
Herr Dr. Heukamp, Sie planen, die histopathologische Routinediagnostik Ihres Instituts zu digitalisieren und dafür den Scanner Pannoramic 1000 Flash IV zu implementieren. Was sind Ihre Beweggründe dafür?
Die digitale Mikroskopie ist ein Schritt, der uns viele Vorteile bringen wird. Und die Basis dafür sind natürlich die per Scanner digitalisierten Schnitte. Eines unserer Ziele ist es, pathologische Präparate auch per Fernzugriff befunden zu können. Denn als großes Institut arbeiten wir mit Ärzten zusammen, die über zahlreiche Standorte verteilt sind. Deshalb ist es natürlich wertvoll, wenn eine Befundung auch aus der Ferne möglich ist. Aber auch für kleine Institute ergeben sich Chancen. Beispielsweise wenn es darum geht, eine Urlaubsvertretung für Pathologen zu finden oder um Spitzen abzufangen.
Wie wird sich der Arbeitsalltag von Pathologen in Ihrem Institut durch die Digitalisierung verändern?
Für uns als Arbeitgeber ist es wichtig, den wenigen Pathologen, die es gibt, möglichst flexible Arbeitszeitkonzepte anbieten zu können. Vor allem Teilzeitarbeit oder Homeoffice sind sehr gefragt. Und mit der Möglichkeit der digitalen Mikroskopie lassen sich solche Ansätze sehr gut umsetzen. Die zweite Entwicklung wird sich in der Zukunft vollziehen. Wie wir das aus der Radiologie schon kennen, wird es auch in der Pathologie eines Tages so sein, dass die Auswertung von digitalen Bildern durch Algorithmen und künstliche Intelligenz erleichtert wird. Indem wir uns nun für einen Scanner entscheiden, gehen wir schon jetzt einen zukunftsweisenden Schritt in diese Richtung.
Ist KI denn die wichtigste Triebkraft in der Pathologie und engagieren Sie sich persönlich in diesem Bereich?
Ja, beides. Wir kümmern uns intensiv um dieses Thema und kooperieren in diesem Zusammenhang mit mehreren Unternehmen. Insbesondere arbeiten wir mit der Firma MindPeak zusammen, die extrem gute Algorithmen für die Auswertung von immun-histochemischen Färbungen mittels künstlicher Intelligenz bauen. Östrogenrezeptoren, Progesteronrezeptoren, der Proliferationsindex oder die PDL-1-Expression lassen sich damit beispielsweise bestimmen. Ich glaube, dass solche Algorithmen zukünftig auch im Bereich der HE-Diagnostik Einzug finden werden.
Bedeutet das, dass in Zukunft alle Fälle digitalisiert und dann auch digital befundet werden?
„Alle“ ist natürlich ein großes Wort. Es gibt immer Fälle, die so kompliziert sind, dass sie sich nicht so leicht über Algorithmen abbilden lassen. Damit meine ich zum Beispiel Zytologie-Präparate
oder auch sehr kleine Biopsien. Bei solchen speziellen Befundungen muss man mal schauen, wie sich die Technologien entwickeln. Da ist die menschliche Expertise der künstlichen Intelligenz einfach weit überlegen. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass viele Pathologen noch lange ihr Mikroskop behalten werden. Aber im Prinzip glaube ich schon, dass die Pathologie in ferner Zukunft vollständig digital sein wird.
Informationen zum Arbeiten im Homeoffice:
Fotoquelle: Privat, Sysmex